Jubiläumsfeier: 50 Jahre AWO-Kleiderkammer Michelstadt

Ehrung für verdiente Mitarbeiterinnen

Die Kleiderkammer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Michelstadt blickt auf ihr 50jähriges Bestehen zurück. Die Jubiläumsfeier fand am Freitag, 12. September 2025, im Beisein von Ehrengästen, Förderern und Vertretern der AWO auf Landes- und Kreisebene im Mehrgenerationenhaus des Kreisverbands Odenwaldkreis in Michelstadt statt. Der Vorsitzende Friedel Weber und sein Stellvertreter Harald Feit ließen die Geschichte Revue passieren. Es war im Frühjahr 1975, als sich – den Bedarf erkannt - drei engagierte Frauen im Auftrag des damaligen und inzwischen verstorbenen Vorsitzenden Ernst Schmerker ans Werk machten, um eine Kleiderkammer auf die Beine zu stellen. Als Gründungsmitarbeiterinnen gingen Else Harder, Anna Sattler und Katharina Giebenhain in die Geschichte ein, stellte Harald Feit heraus, schließlich „war es die erste Einrichtung dieser Art in Hessen“. Zu Beginn und in den ersten drei Jahren stand dafür die alte Schule in Stockheim zur Verfügung, einer der frühen Anschriften der AWO, die heute als Anlaufstelle für Nichtsesshafte und obdachlose Menschen dient. 1978 erfolgte der Umzug in die Darmstädter Straße in Steinbach, wo im ehemaligen „Hessischer Hof“ die Wohnung im ersten Obergeschoss bezogen wurde. Diese reichte bereits 1980 nicht mehr aus, weshalb Räume in der Etage darüber hinzugemietet wurden. Der Umzug in das Stadtzentrum von Michelstadt erfolgte im Jahr 2004. Das heutige Domizil der Kleiderkammer befindet sich seit mehr als 20 Jahren im Erdgeschoss im Rathausgäßchen 7. In Anerkennung seines Ideengebers trägt es von Beginn an die Bezeichnung „Ernst-Schmerker-Haus“.

Wie Feit in Erinnerung rief, kamen von 1975 bis 1997 ausschließlich Bedürftige und Sozialhilfeempfänger in den Genuss der günstigen Kleidungsstücke. Anstatt Bargeld auszuzahlen, stellte das Sozialamt Sozialscheine für die Kleiderkammer aus, die das Kleiderkammerteam mit dem Sozialamt monatlich abrechnete.1998 änderte sich diese Praxis. Einem wichtigen Urteil des Obersten Sozialgerichts nach durfte an Sozialhilfeempfänger nur noch Bargeld ausgezahlt werden. In der Folge passte sich die Kleiderkammer den neuen Gegebenheiten an und stellte sich als Secondhand-Laden auf. Bedürftige und Sozialhilfeempfänger wurden immer weniger; die Klientel veränderte sich. „Trotzdem wurde die Preisgestaltung beibehalten. Wer auf das Geld achten muss, kann auch heute sehr günstig Qualitätsware einkaufen“, betonte Weber. Seine Familie tat es der unter Schmerker eingeführten Unterstützung eines Hilfsprojekts mit Kleidung für Bedürftige in Rumänien gleich. 20 Jahre lang kooperierte die Kleiderkammer mit dem privaten Hilfsprojekt der Familie Weber für Menschen in Litauen.

„Ab dem Jahr 1998 haben wir unsere Hilfsangebote gegenüber Bedürftigen weiter ausgebaut; beispielsweise durch die Ausgabe von Kleiderkammer-Gutscheinen an Obdachlose sowie an Flüchtlinge“, führte Feit weiter aus. Davon profitierten 2015 insbesondere Flüchtlinge aus Syrien und seit Beginn des russischen Kriegs gegen das Nachbarland Menschen aus der Ukraine. Allein dieser Personenkreis wurde mit Kleidung im Wert von rund 10.000 Euro versorgt, ergänzte Weber. Tätig geworden ist die Kleiderkammer auch in sozialen Notfällen, beispielsweise für Menschen, die durch einen Brand ihr Hab und Gut verloren haben.

Höhepunkt der Feierlichkeiten bildete die Auszeichnung der derzeit sechs Mitarbeiterinnen, die, wie alle vor ihnen, ausschließlich ehrenamtlich tätig sind. Insgesamt engagierten sich in dem halben Jahrhundert 42 Mitarbeiterinnen um bedürftige Menschen, um sie mit brauchbarer Kleidung zu versorgen. Die Vorsitzende des AWO-Bezirksverbands Hessen Süd, Stefanie Becker-Bösch, zeichnete Irene Banse, Anni Stahl und Karin Weber mit dem Ehrenbrief des AWO-Bezirksverbands aus. „Sie haben sich für Michelstadt verdient gemacht“, fügte Bürgermeister Dr. Tobias Robischon hinzu bei der Überreichung der Ehrennadel der Stadt Michelstadt. Inge Hofmann, die sich entschuldigen ließ, und Snezana Jovanovic erhielten den Ehrenbrief des AWO-Kreisverbands Odenwaldkreis.

Diesem kontinuierlichen ehrenamtlichem Engagement ist es auch zu verdanken, dass die Öffnungszeiten ausgebaut werden konnten. Bestanden diese in den ersten 30 Jahren nur montagnachmittags, ist die Kleiderkammer heute auch jeden Freitag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Jedes Jahr wechseln rund 6.400 Kleidungsstücke ihren Besitzer. Darunter am stärksten gefragt ist die Damenbekleidung mit rund 2.900 Artikeln, gefolgt von knapp 1.400 Herrenbekleidungsstücken. Zubehör wie Gürtel und Handtaschen rangieren an dritter Stelle mit knapp 1.200 Exemplaren. An Bekleidungsstücken für Kinder weist die Statistik im letzten Jahr 690 Stück aus; an Schuhen fast 300. Die Annahme erfolgt ausschließlich auf Spendenbasis. Auf Dauer aufrecht erhalten kann diese Einrichtung allerdings nur, wenn sich weitere und jüngere Personen finden, die die Kleiderkammer in ihre zweite Hälfte des Jahrhunderts begleiten. Den Aufruf zur Mitarbeit verknüpfte Holger Weber, der die Veranstaltung moderierte, mit den Worten: „Es geht um die Menschen, die diesen Raum mit Leben füllen.“

Ehre, wem Ehre gebührt: Viel Lob für ihren ehrenamtlichen Einsatz in der AWO Kleiderkammer gab es für die Mitarbeiterinnen (von links) Snezana Jovanovic, Anna Rink, Irene Banse, Karin Weber, Anni Stahl und Edith Fischer, von denen vier ausgezeichnet wurden.

 

Foto: AWO Ortsverein Michelstadt

Zurück

Gehe zu: Bedienhilfen-Einstellungen